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April 08
Einerseits, andererseits
Der Besuch von Ärzten auch nur bei geringen Anzeichen einer Krankheit, auch nur bei dem Verdacht einer selben schon, ist wenig hilfreich, vergleichbar nur dem unversehentlichen wie gefährlichen Öffnen einer pandorischen Büchse. Das medizinische Halb- bzw. Garnichtwissen um die eigenen Körperinnerlichkeiten, all dem Blut und Pulsieren, den vielfarbigen Geweben und mannigfaltigen Organen, macht alles nur schlimmer. Kriegt jeder die Diagnose, die er braucht? Oder nur, die er will? Von einer leichten Infektion des Ohres ausgehend kommt es zur Einnahme von Protonenpumpenhemmern, die nichts mit Hämmern zu schaffen haben, aber auf Refluxe wirken sollen. Ärztelyrik. Und dann meint man sich schon gewiss, einen bösen Tumor in sich zu tragen. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung feiert fröhliche Urständ – wenn diese Punktion noch gemacht wird, schliessen wir zu fünfundneunzig bis siebenundneunzig Prozent den Krebs aus. Und der kleine Rest, die drei, fünf Prozente? Das Leben ist riskant. Einatmen, ausatmen. Weiter atmen. Jeder Atemzug kann der letzte sein. Die Phantasie schlägt Purzelbäume und baut sich Fata Morganen reziproker Natur, unheilvoller. Diese Schilddrüse ist um ein sechsfaches zu gross. Struma. Am besten raus damit. Hier schneidet keiner! Noch nicht. Irgendwann. Die Risikoabwägung. Was will ich wissen, was nicht? Überleben statt Wissen! Abwarten auf Scheinwissen und alternative Wahrscheinlichkeiten. Statistik.
Einerseits, andererseits. Jedenfalls Angst. Aber bitte keene Larmoyanz, bütteserr! Zähnebeissen, weitermachen!



Und dann natürlich sucht Bully die Besetzung für seinen nächsten Film. Eine Comixploitation auf WICKIE. "Bully sucht die starken Männer". Auf Pro7. Hallo, Marketing! Hallo, abgefahrene Mischkalkulation im Fundraising! Und dann sieht man die Laien, die profilneurotisch guten Zwecken dienen wollen. Nicht so schlimm. Nachdem Herwig damit nicht weiter kam, wurde unter Schauspielern gecastet: das sieht jetzt ganz normal aus. Und Günter Kaufmann heult fast, weil er irgendwas zum Spielen bekommen soll. Das Zeigen der beschmutzen oder reinen Unterhosen ist der nächste Schritt. Wie ein Beruf seine Würde verliert: Schauspieler. Und das Bild, das von diesem Beruf vermittelt wird, hat nichts mehr mit diesem zu tun. Zirkuspferde oder dressierte Hunde haben mehr Würde, noch. Und doch sitzt man davor und wartet auf den nächsten Kandidaten, den man kennt. Und eigentlich mag man garnicht hingucken, weil es so peinlich ist und einem weh tut und leid. Fremdschämen ist ein ganz dummer Begriff und die Beschreibung eines Umstandes, der beschämend und traurig ist.



Wie wärs darauf mit einer Magenspiegelung? Okay, morgen um acht! Kommen Sie vorbei. Hoffentlich sind die Barbiturate schöööööön. – Bitte nüchtern. Danke.

In Wartezimmern lese ich gerne in Peter Lichts Buch WIR WERDEN SIEGEN den Text "Ärzte":
    Bisweilen, wenn es ganz schlimm kommt, dann kann die Situation dahingehend entarten, daß Ärzte andere Menschen anfassen müssen. Instinktiv zögern sie diesen Moment soweit als irgend möglich hinaus. Wenn es aber gar nicht anders geht, durchzuckt sie ein kleines Blitzchen. („Ich muß das jetzt anfassen.“)
    Dann raffen sie sich auf und fassen es an.
    Ist es dazu gekommen. dann geht es zackzack. Anfassen, noch ein paar Worte, tschüssikofski, und draußen ist es. Puuh. Besser ist es allerdings, wenn der Arzt nicht an seiner Schamwulst verletzt wird und nichts anfassen muß. Dann fühlt er sich wohler. Hinter seiner Schreibtischumgebung gibt er gerne mündliche Anweisungen zur Verkäsung schadhafter Stellen am Patientenkörper. Er schreibt auf einen Zettel und überreicht ihn dem Leidenden. Der Leidende nimmt ihn, zieht los und holt sich den Käse.

    Der Arzt ist ein Geisteswesen. In seinem Hirn heilt er den Leidenden (in des Arztes Hirn). Dort bringt er die Drähte zusammen und es entsteht der Funke der Heilung. Manchmal kokelt es auch und es entsteht Kohle.

Das hilft, wenn es helfen soll, zu Verständnis und normalem Verhandeln über Medizinisches, also: mein Leben.

Und wenn garnix mehr geht, soll man unter sich gucken & dann guckt man nach Italien & Ahoi Polloi sagt mit einem Bild, wie's ist - nämlich böse ist's in Italien, ganz Böse, aber wer weiss, woher die Rettung naht:


Trost gibt auch Karl der Grosse Lagerfeld, der den Werbern mal einen einschenkt & ihnen auch ziemlich um den Bart geht, aber Spass muss sein & kann man hier angucken: ALLES GLÜCKSKLEE!

 
 

über
zuweilen passiert manchem manches.
hier gerede vom gerede und übers gerede.
nicht zuviel.
kommst du mit in den alltag?
mal schauen.
info[at]engtanzkatastrophe[punkt]de

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